Bundestag lehnte längeres Nachtflugverbot ab

Der Bundestag lehnt ein längeres Nachtflugverbot am BER ab. Die Mehrheit von CDU/CSU und SPD lehnte am Abend des 3. April 2014 einen entsprechenden Antrag der Linkspartei ab. Sie hatte gefordert, die nächtliche Ruhezeit am BER von fünf auf acht Stunden auszudehnen.




Die Rede von Thomas Nord (MdB, Die LINKE) 
(und nachfolgend im Original Wortlaut):


Sehr geehrter Herr Präsident/ sehr geehrte Frau Präsidentin,
Sehr geehrte Damen und Herren,
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
mein Wahlkreis liegt in der Nähe zum BER und das Volksbegehren für ein konsequentes Nachtflugverbot und einen neuen Standort hatte eine große Lobby. Wir hätten das einfach unterstützen können. Meine Partei hat jedoch darauf verzichtet. Niemand kann Milliarden von Steuergeldern einfach abschreiben. Um so konsequenter ist DIE LINKE der Auffassung, dass die Fluglärmbetroffenen einen Anspruch auf bestmöglichen Schallschutz und ein konsequentes Nachtflugverbot haben. Für diese Position habe ich bei Debatten mit Bürgerinnen und Bürgern nicht nur Zustimmung geerntet, aber Respekt. Die Mehrheit der Brandenburgerinnen und Brandenburger ist bereit, die Realität zur Kenntnis zu nehmen, wenn die Politik zugleich bereit ist, die Interessen der vom Fluglärm Betroffenen ernsthaft mit in Rechnung zu stellen. 


Auf diese Ernsthaftigkeit von Politik können Bürgerinnen und Bürger jedoch nicht mehr bauen. Misstrauen hat sich über Jahre entwickelt und leider tun auch jetzt die Regierungskoalitionen im Bund und Berlin alles dafür, das es sich weiter verfestigt. 

Die Absicht, einen Flughafen bei Schönefeld zu bauen, hat bald achtzehnten Geburtstag. Im Mai 1996 einigten sich der Bund und die Länder Berlin sowie Brandenburg darauf, dort einen Single-Airport zu entwickeln. Der Traum vom BER wird also volljährig. Einige Verantwortliche haben jedoch aus dem Geburtsfehler des Projektes nichts gelernt. Am 07. April wird wahrscheinlich der Fehler von 1996 wiederholt. Brandenburgs Ministerpräsident Manfred Stolpe wies damals noch einmal ausdrücklich darauf hin, das die Entscheidung für Schönefeld falsch ist, Bundesregierung und Berlin setzten sich aber darüber hinweg.

Seitdem ist dieses Projekt ein einziges Trauerspiel einer gefühlten zwanzigjährigen großen Koalition aus CDU/CSU und SPD. Es gehört zu den größten Desastern bei öffentlichen Investitionen.

Wenn heute auf die Wirtschaftlichkeit des Projektes verwiesen wird, so bald es um die Wahrung der Interessen der Anwohnerinnen und Anwohner geht, klingt das wie ein Treppenwitz. Das scheint der einzige Punkt zu sein, bei dem Wirtschaftlichkeit von Bedeutung ist. Anders lässt sich die Vielzahl willkürlicher und milliardenschwerer Fehlentscheidungen kaum erklären. Im übrigen wird allen Bürgerinnen und Bürgern in Artikel 2 des Grundgesetzes körperliche Unversehrtheit garantiert, unabhängig davon, ob es sich rechnet.

Zur Wahrheit gehört, das alle Entscheidungen immer von allen drei Gesellschaftern des BER mitgetragen wurden, also auch von brandenburgischen Landesregierungen. Das gilt auch, wenn sich heute die brandenburgische CDU – immerhin zehn Jahre mit in der Regierung – versucht vom märkischen Acker der Mitverantwortung zu machen. Das lassen wir der Union nicht durchgehen.

Nach vielen Versuchen, sich Gehör zu schaffen, griffen Bürgerinnen und Bürger zum Mittel der direkten Demokratie. Es fand das erste erfolgreiche Volksbegehren in Brandenburg statt. Über 106.000 Brandenburgerinnen und Brandenburger stimmten für ein konsequentes Nachtflugverbot. Folgerichtig und in Respekt vor diesem klaren Ergebnis, hat die brandenburgische rot-rote Regierungskoalition dieses Begehren mit einem Landtagsbeschluss angenommen und verhandelt seit einem Jahr mit den anderen Gesellschaftern für dessen Umsetzung. Die Landesregierung vertritt damit die Interessen der Bürgerinnen und Bürger. Sie hat gehofft, die Mitgesellschafter überzeugen zu können, das es gut wäre, den BER und seine Interessen mit denen der Bürgerinnen und Bürger ins gesellschaftliche Gleichgewicht zu bringen.

Die Reaktionen der Bundesregierung und der Berliner Landesregierung sind eindeutig, im höchsten Maße ignorant und wiederholen den Fehler von 1996. Sie wollen sich, wie bei der Entscheidung für den Standort, über Brandenburg hinwegsetzen. Natürlich ist das möglich. Besser aber wäre es jedoch, die Bundesregierung würde hier und heute durch das Parlament gestoppt. 

Wirklich damit rechnen können wir damit aber leider nicht. Und weil dies so ist, hat Ministerpräsident Dietmar Woidke gestern in einer Regierungserklärung weitere Schritte auf die Mitgesellschafter zu gemacht. Sein Kompromissvorschlag würde den höchstrichterlich ausgeurteilten Planfeststellungsbeschluss unberührt lassen.

Danach soll die Flughafengesellschaft mit Zustimmung der Luftfahrtbehörden, in der Zeit zwischen 5 und 6 Uhr morgens auf den Gebrauch ihrer Betriebsgenehmigung freiwillig verzichten. Und zwar zunächst in einem Modellversuch von fünf Jahren. Das hieße im Klartext es gäbe wenigstens eine Stunde mehr Nachtruhe! Das liegt unter der Forderung der brandenburgischen CDU, die eine Nachtruhe von 23 bis 06 Uhr fordert. Ich warte noch auf einen entsprechenden Antrag aus den Reihen der Union.

Die bisher vorliegenden Äußerungen aus der Bundesregierung und dem Land Berlin legen nahe, das sie nicht die Absicht haben, den Interessen der Betroffenen entgegenzukommen. Der Bund und Berlin, Regierungen aus Union und SPD, wollen sich erneut über brandenburgische Interessen hinwegsetzen. Das ist ungeheuer rücksichtslos gegenüber der Gesundheit hunderttausender Menschen und es ist schädlich für das Projekt BER. 2014 ist nicht mehr 1996. Wer heute noch glaubt, so ein Vorhaben kompromisslos gegen den Willen Hunderttausender und des Landes, das die Hauptlast trägt, realisieren zu können, ist grenzenlos arrogant und politisch höchst kurzsichtig. 

Nachhaltiges Brandenburger Engagement ist für den BER unverzichtbar. Alle Gesellschafter sind aufeinander angewiesen. Niemand wird sich auf Dauer den legitimen Interessen des einen oder anderen entziehen können. Wenn sie also unserem  Antrag zustimmen, zeigen sie in dieser Frage mehr Weitsicht als die Vertreter der Bundesregierung.

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