Wach bleiben!

Nachtflüge mit steigender Tendenz
von Diethard Günther

In Tegel (TXL) besteht eine Flugbeschränkung in der Nachtzeit von 22 - 23 Uhr. Das Flugverbot in den Nachtstunden von 23 - 6 Uhr betrifft somit nicht die gesamte Nacht, sondern nur 87,5% der Nachtstunden. Mit anderen Worten, für den Flughafen besteht ein eingeschränkter Nachtflugbetrieb und kein Nachtflugverbot. Die gesetzliche Nacht in Deutschland betrifft die Stunden zwischen 22 Uhr am Abend und 6 Uhr in der Frühe des Tages. Der alte Flughafen in Schönefeld (SXF) läuft im 24-Stunden-Betrieb. Auch er hat kein Nachtflugverbot und es darf in 100% der Nachtstunden geflogen werden. Für den neuen Flughafen in Schönefeld (BER) besteht ein Flugverbot in Nachstunden zwischen 0  und 5 Uhr. Am BER in Schönefeld darf zukünftig also nur noch in 62,5 % der Nachtstunden geflogen werden. Auch hier gibt es dann den eingeschränkten Nachtfugbetrieb und weiterhin kein Nachtflugverbot.

Abb.1: Nachtflugbewegungen der Jahre 2008 - 2012 für beide Flughafenstandorte der Region.
Wenn man für 2013 auf Daten des Deutschen Fluglärmdienstes (DFLD; http://www.dfld.de/DFLD/index.htm) zurückgreift, sieht man die Entwicklung. Allerdings sind diese Daten nicht nach Anteilen von TXL und SXF separiert. Daraus ergibt sich für das Verhältnis der Flugbewegungsdaten der Standorte zueinander das folgende Bild:
Abb.2: Verhältnis Nachtflugbewegungen TXL zu SXF

In den Jahren 2008-2011 lag der Nachfluganteil TXL in der Region um die 70% des Aufkommens in SXF. Nach der Absage der BER-Eröffnung in 2012 stieg der Anteil TXL zu gut 5% über den Anteil SXF. Es ist und bleibt ein Geheimnis, warum die Airlines und die FBB die Zahl der Nachtflüge über dichtest besiedeltem Stadtgebiet in TXL einfach beliebig erhöhen können, ohne von der Politik Auflagen, die das verhindern und dem Schutz der Bevölkerung dienen zu bekommen.

Den Übergang von 2012 nach 2013 (grün) sind aus den FBB-Werten des 2. Halbjahres 2012 entnommen. Im Mittel lagen die TXL-Werte 13,9% über denen von SXF. Im Maximum lag die Anzahl in Tegel 18,7% über denen in SXF. Nimmt man einmal für 2013 einen mittleren Wert von 15% für den 'Überschuss' TXL gegenüber SXF an, dann liegt die Anzahl der TXL-Nachtflüge bei ca. 8020. Nun fehlen noch etwa drei Tage an 2013, so dass sich diese Zahl unter den gegebenen Randbedingungen noch leicht erhöhen könnte. Die vom Senat angegebene Anzahl von 1200 Flügen in den Flugverbotszeiten machte so einen Anteil von ca. 15% des Nachtflugaufkommen aus. Dennoch ist in Abb. 1 leicht zu erkennen, dass die Anzahl der Nachtflüge 2013 in TXL gegenüber 2012 etwa gleich geblieben ist. Gegenüber dem längerjährigen Durchschnitt 2008-2011 allerdings sind die Nachtflugbewegungszahlen in TXL um ca. 17% angestiegen. Dagegen ist mit 6973 Nachtflugbewegungen in 2013 SXF die Anzahl nur auf etwa das längerjährige Mittel (6880) der Jahre 2008-2011 in TXL gesunken. Was man wohl als Belastungsgrenze ansehen sollte. Bedeutete das nun, dass die Schönefeld-Anrainer in 2013 nicht mehr überlastet worden sind?

Abb. 3: Durchschnittliche Anzahl Nachtflüge pro 24 Stunden und Standort im Jahr.
Während in TXL die mittlere Zahl der Nachflüge pro 24 Stunden im Verlauf der Jahre 2008 - 2013 leicht um die 20 pendelte, lag diese Anzahl für SXF im Mittel um etwa 6 Nachtflüge darüber. Für die Werte 2013 gilt wieder, sie wurden aus den Daten des DFLD abgeleitet, sind also nicht exakt. Desgleichen gilt s.o. für die Genauigkeit des Verhältnisse TXL zu SXF.

Die Anwohner des BER dagegen werden, so die Prognose für das Jahr 2020, 77 Flüge in der Durchschnittsnacht ertragen müssen. Das ist mehr als das 3-4fache heutiger Werte. In den Zeiten des Flugverbots am BER (0 - 5 Uhr), werden 17 nichtplanmäßige Flüge (Post usw.) für die Durchschnittsnacht erwartet (s. Abschlussbericht Intraplan Consult GmbH). Das bedeutet, dass in den 5 Nachtstunden zwischen Mitternacht und 5 Uhr in der Frühe alle 17 Minuten und 38,8 Sekunden im Durchschnitt ein Überflug stattfinden wird.

Abb 5.: Geplante und tatsächliche Nachtflüge 2008.

In 3 der 7 Zeitsegmente der Nacht liegen die tatsächliche Anzahlen der Flüge über den Anzahlen der geplanten Flüge. Besonders interessant ist, dass zwischen 22:30 und 23:00 die Zahl der geplanten Flüge nicht erreicht wird. Dafür liegen die Zahlen tatsächlicher Flüge zwischen 23:00 und 24:00 deutlich über dem Plan.- Verspätungen also!

Abb. 6: Prozentuale Abweichung tatsächlicher zu geplanten Flügen in Zeitsegmenten. (c) Grafiken Diethard Günther 2013
Das am konkreten Beispiel von 2008 dargestellte Verhalten ist qualitatv gleichartig in allen Jahren zu beobachten, was last but not least auch die 1200 Nachtflüge in TXL 2013  belegen. Dieses Ergebnis ist ein deutliches Indiz dafür, dass Flugverbotszeiten in der Nacht keinen wirklich großen Schutz vor Nachtflügen bieten können.

Auch ein Nachtflugverbot, das den Namen verdiente, wo sich das Flugverbot also von 22 - 6 Uhr erstreckt, wird die Anwohner nicht vor Nachtflügen schützen können. Allerdings wird aber dadurch die Zahl der Nachtflüge deutliche reduziert werden können, mal abgesehen, von den Post- usw.-Flügen, die davon nicht beeinflußt werden.



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